Uexküll - Psychosomatische Medizin
Autor*in: | Johannes Kruse et al. (Hrsg.) |
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Verlag: | Elsevier Urban & Fischer, München 2025, 1104 Seiten |
Rezensent*in: | Gerhard Danzer |
Datum: | 05.03.2025 |
Wenn ein medizinisches Lehrbuch beinahe ein halbes Jahrhundert lang von Neuauflage zu Neuauflage eilt und dabei sein Aussehen, seine Inhalte wie auch seine Beiträger entschieden fort- und weiterentwickelt, ohne dass sein Identitätskern verloren geht, mag allein ein solcher Prozess als gewichtiges Qualitätsmerkmal gelten. Wenn sich dann noch - wie neuerlich in der inzwischen 9. Auflage von Uexkülls Psychosomatischer Medizin realisiert - theoretische Modelle, philosophische Reflexionen und klinische Praxis durchdringen und gegenseitig stimulieren, darf dies als regelrechter Glücksfall eines medizinischen Kompendiums gewertet werden.
Zur Tradition des Uexküllschen Lehrbuchs der Psychosomatischen Medizin gehört es, grundsätzliche Themenkomplexe der Medizin (wie äußern sich Krankheit und Gesundheit? wie lässt sich der menschliche Organismus beschreiben? wie gewinnen wir diagnostische Erkenntnisse? wie gestaltet sich die Arzt-Patienten-Beziehung? usw.) ebenso zu berücksichtigen wie konkrete klinisch-pathologische Zustandsbilder (z.B. Diabetes mellitus; Koronare Herzerkrankung; Asthma bronchiale; Chronische Polyarthritis). Dabei wird eine strikt integriert-psychosomatische Perspektive eingenommen, bei der es keine Einteilung von Krankheitsbildern in somatisch, psychisch-psychiatrisch sowie psychosomatisch gibt - vielmehr werden bei allen Zuständen des menschlichen Organismus biomedizinische wie auch psychosoziale Aspekte im Hinblick auf Ätiologie, Pathologie, Prävention, Diagnostik und Therapie berücksichtigt.
Lange Zeit galt die Psychosomatische Medizin als Bibel und ihr früherer Herausgeber Thure von Uexküll (1908-2004) als Nestor der deutschsprachigen Psychosomatik. Dass sich dieses über eintausend engbedruckte Seiten umfassende Kompendium auch nach dem Tod von Uexkülls seinen unbestrittenen Rang als maßstabsetzendes Lehrbuch der Psychosomatik erhalten konnte, spricht einerseits für sein von vorneherein klug durchdachtes und zukunftsweisendes Konzept und andererseits für den Kreis der Herausgeberinnen und Herausgeber, die Thure von Uexküll in den letzten zwei Jahrzehnten nachgefolgt sind. Sie und die vielen Beiträger der Psychosomatischen Medizin sorgen für ein verlässlich exzellentes Niveau von wissenschaftsbasierten Erkenntnissen und philosophischen Reflexionen, deren gegenseitige Verschränkung ganz wesentlich zum Lektüre-Genuss der einzelnen Kapitel beiträgt. Der "neue Uexküll" in seiner 9. Auflage kann wie schon die bisherigen acht Auflagen für jeden und jede an Psychosomatik und Humanmedizin Interessierten und Interessierte uneingeschränkt empfohlen werden - wobei ich den Studierenden und PIAs eine baldige (preiswerte) Studienausgabe wünsche und dem Verlag dieselbe empfehle.