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Wissenschaften

Psychosomatik – Neurobiologisch fundiert und evidenzbasiert

Autor*in:Ulrich Egle, Christine Heim, Bernhard Strauß & Roland von Känel (Hrsg.)
Verlag:W. Kohlhammer, Stuttgart 2020, 860 Seiten
Rezensent*in:Gerhard Danzer
Datum:01.03.2022

Neben der Bibel der deutschsprachigen Psychosomatik, „dem Uexküll“, der inzwischen im Laufe der Jahrzehnte in der achten Auflage erschienen ist, gibt es seit kurzem ein weiteres überaus ambitioniertes Lehr- und Handbuch der Psychosomatik: das hier angezeigte Werk der Herausgeber Ulrich Egle, Christine Heim, Bernhard Strauß und Roland von Känel. Wenn man die Fülle der darin behandelten theoretischen und klinischen Themen sowie die lange Reihe der prominenten Beiträger zu diesem Standardwerk bedenkt, erahnt man (zumindest tut dies jeder, der selbst schon einmal umfangreichere Sammelbände oder Monographien verfasst hat), welche unendliche Mühe, Geduld, Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit sowie intellektuell-geistige Arbeit in einem derartigen Mammutunternehmen steckt.

Es wäre unlauter, einzelne Artikel oder Kapitel dieses Buches als besonders wertschätzend herauszustellen. Die Leistung dieses Werks ist (natürlich neben den qualitativ überwiegend exzellenten Einzelbeiträgen) vor allem darin zu erkennen, dass darin die Idee und das Konzept einer neurobiologisch fundierten und evidenzbasierten Psychosomatik überzeugend dargelegt wird. Einige Zeit über bewegte sich die Psychosomatik im letzten Jahrhundert vorwiegend auf einem spekulativ-hypothesengenerierendem Terrain, was ihr hinsichtlich ihrer Theorie-Bildung zu vielen innovativ-originellen, teilweise aber auch abseitigen Gedanken verholfen hat.

Das Bestreben der Herausgeber und Beiträger dieses Lehr- und Handbuches der Psychosomatik bestand nun darin, die wissenschaftlichen Erkenntnisse der letzten Jahrzehnte vor allem hinsichtlich neurobiologischer und molekularbiologischer Forschungsergebnisse sowie der Epigenetik, der Stressforschung, der Bindungs- und Säuglingsforschung umfassend bei der Darstellung von Ätiologie von Krankheitsbildern und bei der Prävention, Diagnostik und Behandlung von Erkrankungen zu berücksichtigen.

Den Herausgebern und Beiträgern ist es über weite Strecken hervorragend gelungen, dieser ihrer Zielsetzung gerecht zu werden. Weil sich jedoch neben den bereits approbierten Ärztinnen und Ärzten möglichst viele oder alle Medizinstudierende (ebenso wie die Studierenden der klinischen Psychologie und Psychotherapie) schon im Studium mit den diversen Modellen und Krankheitskonzepten der Psychosomatik vertraut machen dürften, sollte bald eine preiswertere Studien-Ausgabe dieses Lehr- und Handbuches erscheinen.