Der Mönch im Garten - Die Geschichte des Gregor Mendel und die Entdeckung der Genetik
Autor*in: | Robin Marantz Henig |
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Verlag: | Argon Verlag, Berlin 2001, 375 Seiten |
Rezensent*in: | Gerald Mackenthun |
Datum: | 25.11.2012 |
Genie ist ein Prozent Inspiration und 99 Prozent Transpiration. Auf kaum einen Wissenschaftler trifft dieser Satz so zu wie auf Gregor Mendel (1822-1884). Der Mönch und Abt war einer der Entdecker der Vererbung und damit ein Wegbereiter der modernen Biologie. Sein Lebensweg war geprägt von herben Niederlagen beim vergeblichen Versuch, Gymnasiallehrer zu werden, was im merkwürdigen Kontrast steht zu der bahnbrechenden Entdeckung einiger Vererbungsgesetze, die er in achtjähriger, zäher Fleißarbeit an Erbsen entwickelte. Die amerikanische Wissenschaftsjournalistin Robin Marantz Henig erzählt in Der Mönch im Garten (Argon Verlag, Berlin 2001) Mendels Geschichte und die spätere Wiederentdeckung seiner zunächst kaum zur Kenntnis genommenen Erkenntnisse.
War Mendel ein Genie oder doch nur ein fleißiger Amateurbotaniker? Wie so oft liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen. Die Mendels in Nordmähren waren arme Bauern, und Gregor verabscheute den Beruf des Landwirts ebenso wie den des Mönchs, obwohl er mit 21 Jahren ins Kloster ging. “Vom Wissen zur Weisheit” lautete der Wahlspruch des 100 Kilometer von Wien entfernten Klosters Brünn, wo er fünf Jahre später die Priesterweihe empfing. Er wurde jedoch Lehrer, scheiterte zwei Mal bei den Prüfungen für den Gymnasiallehrerberuf, war oft lang und schwer krank und ging zurück ins Kloster, das er bis zu seinem Lebensende nicht mehr verlassen sollte.
Seine Versuche zu Fortpflanzung und Vererbung fallen in die Hilfslehrer-Zeit und führten zu Erkenntnissen, die die Grundlagen der katholischen Kirche untergruben. Der Kampf um die Evolution tobte schon damals. 1859 hatte Charles Darwin Die Entstehung der Arten veröffentlicht. Es stand viel auf dem Spiel: Die genaue Bestimmung der Vererbungsgesetze veränderte die Sicht des Menschen auf die Natur und sich selbst nachhaltig. Wer durfte mit welchen Argumenten behaupten, die Schöpfungsgeschichte müsse korrigiert werden?
Mendel unterlag im wissenschaftlichen Wettstreit auf tragische Art. Zwar verschickte er 1865 Zusammenfassungen seiner Arbeiten an einige Botaniker, doch gut 35 Jahre lang blieben sie unbeachtet. Auch Darwin erhielt ein Exemplar, der aber legte den Text ungeöffnet beiseite. Es ist strittig, ob Mendel die Darwinsche Evolutionstheorie kannte.
Mendels Wiederentdeckung datiert auf das Jahr 1900, als seine Schriften fast gleichzeitig von drei Wissenschaftlern unabhängig voneinander zitiert wurden. Insbesondere der Engländer Gregory Bateson widmete sich dem Ruhme Mendels. Jetzt wurde allgemein anerkannt, dass er zentrale Vererbungsgesetze formulierte: Vererbte Merkmale sind immer gleich, Merkmale sind frei kombinierbar, bei Vererbung von zwei Merkmalen ist eines immer dominant, das andere unterdrückt, und alte, scheinbar verloren gegangene Merkmale können in späteren Generationen wieder auftauchen. Damit wurde Mendel eine Galionsfigur der modernen Wissenschaft, dem Henig mit ihrem Buch ein gut lesbares literarisches Denkmal setzt.