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Kunst & Literatur

Der kleine Prinz

Autor*in:Antoine de Saint-Exupéry
Verlag:Karl Rauch Verlag, Düsseldorf 2015
Rezensent*in:Monika Schoene
Datum:27.02.2025

Der Erzähler berichtet anfangs, dass er in seiner Kindheit Maler werden wollte, doch die Welt der Erwachsenen ließ ihm keinen Raum für Fantasie. Sie erkannten z.B. in seinem Bild nur einen zerbeulten Hut und nicht die Schlange, die gerade einen Elefanten verspeist. Er hörte auf ihre Empfehlung, sich nicht mit dem Zeichnen von offenen und geschlossenen Riesenschlangen zu befassen, sondern sich stattdessen mit Geografie, Geschichte und Mathematik zu beschäftigen, was ihn bewog, Pilot zu werden.

Jahre später muss er in der Wüste notlanden, hat nur für acht Tage Proviant und befindet sich in Lebensgefahr. Er ist so allein, wie er sich oft auch unter den Erwachsenen fühlte. Am Morgen nach seiner ersten Nacht in der Wüste wird er von einem kleinen Kerl geweckt, der sich von ihm die Zeichnung eines Schafes wünscht. Nach mehreren fehlgeschlagenen Versuchen zeichnet ihm der Pilot entnervt eine Kiste, in der sich das erwünschte Schaf befinden soll. Ganz unerwartet zeigt sich das kleine Kerlchen damit zufrieden und weist ihn glücklich darauf hin: „… sieh nur! Das kleine Schaf ist eingeschlafen…“

Allmählich bekommt der Pilot Zugang zur Welt des kleinen Prinzen. Er erfährt, dass er von einem winzigen Planeten stammt und vor einer Rose floh, in die er sich verliebt hatte. Er war nicht in der Lage, weder ihre seltsamen und eitlen Gebärden noch seine eigenen Gefühle für sie zu enträtseln. So begab er sich auf eine Reise von Planeten, zu Planet, um Erfahrungen zu sammeln und Freunde zu finden.

Das Schaf wünscht er sich, damit es die Keimlinge der Affenbrotbäume auffrisst und somit die Gefahr einer Überwucherung abwende, die seinen kleinen Planeten sprengen könnten. Während der Besuche von sechs Planeten, begegnet der kleine Prinz Erwachsenen, die völlig in ihrer eigenen, absurden Welt verhaftet sind. Er fragt sie nach dem Nutzen, dem Warum und deckt so den Unsinn ihres absurden Treibens auf:

Der König, mit Herrschaftsanspruch, aber ohne Untertanen. Der Eitle, der als der beste, reichste und intelligenteste Mensch auf der Welt bewundert werden will. Der Säufer, der säuft vor Scham, um zu vergessen, dass er säuft. Der Geschäftsmann, der glaubt, alle Sterne des Universums zu besitzen. Der Laternenanzünder der einer irrsinnig gewordenen Arbeitsanweisung folgt. Der Geograf, der sein Wissen mit fragwürdigen Methoden anreichert.

Auf dem siebten Planeten, der Erde, trifft der kleine Prinz zunächst eine Schlange, die sich des kleinen Kerlchens annimmt. Sie bietet ihm, für den Bedarfsfall, ihre Hilfe an. Begegnungen mit Erwachsenen verstärken auch hier seinen Eindruck, dass diese sich seltsam verhalten. Ein Weichensteller berichtet ihm, dass die Menschen ziellos und unzufrieden unterwegs sind. Ein Händler will ihm durststillende Pillen verkaufen, die den Menschen Zeit sparen würden. Sie sind aber nicht in der Lage, sie sinnvoll zu gestalten. Der kleine Prinz befürchtet, auch unter ihnen keine Freunde finden zu können.

Schließlich führt ihn eine Straße in einen Garten, in dem er Tausende von Rosen entdeckt, die alle seiner Rose gleichen. Weil diese ihm gegenüber aber immer ihre Einzigartigkeit betont hat, fühlt er sich von ihr belogen, ist zutiefst enttäuscht und weint bitterlich. Da erscheint ein Fuchs. Weil er sich auch einsam fühlt und einen Freund benötigt, bietet er dem kleinen Prinzen an: „Wenn du einen Freund haben willst, zähme mich.“ Dies in der Bedeutung von „sich vertraut machen“, „sich annähern“, „sich kennenlernen“.

Der kleine Prinz nimmt sich die Zeit und „zähmt“ den Fuchs, während dieser ihn in das Geheimnis von Freundschaft und Liebe einweiht. Im Austausch lernt der kleine Prinz seine Gefühle für seine Rose zu verstehen, denn: sie ist es, der er seine Zeit geopfert hat, die er gegossen und mit einer Glasglocke und einem Wandschirm geschützt und ihre Klagen und Eitelkeiten ertragen hat. Durch Zuwendung schafft man Vertrautheit, die Fremdheit weicht, und dies hebt jeden Einzelnen aus der Masse hervor. Für einen Fremden ähnelt die Rose des kleinen Prinzen fünftausend anderen, doch für ihn ist sie wichtiger als alle Rosen der Welt.

Der Fuchs erklärt dem kleinen Prinzen, dass auch „Sprache eine große Quelle für Missverständnisse“ sein kann. Das miteinander gesprochene Wort hat nur einen untergeordneten Stellenwert. Zu 80 Prozent kommt es auf Aspekte an wie: Gestik, Mimik, Körperhaltung, Äußerlichkeiten wie Frisur und Kleidung, aber auch der Geruch, Stimme, Stimmung, das Umfeld und örtliche Gegebenheiten. Der kleine Prinz, der die „belanglosen Worte“ seiner Rose wörtlich genommen hat, erkennt darin einen Fehler und gibt zu: „Man sollte den Blumen nie nur zuhören. Wir müssen sie betrachten und ihren Duft einatmen …“

Um Menschen und die Dinge ihrem Wesen nach zu beurteilen, muss man alle seine Sinne nutzen. »Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.« Auch diese Lektion lernt der kleine Prinz beim Fuchs. „Ich hätte sie nach ihren Taten und nicht nach ihren Worten beurteilen sollen. Sie duftete und erglühte für mich. Ich hätte niemals fortgehen dürfen! Ich hätte hinter ihren kleinen Tricks ihre Zuneigung erraten sollen. Der kleine Prinz erkennt sein Verantwortungsgefühl und fasst den Entschluss auf seinen Planeten, zu seiner geliebten Rose, zurückzukehren.

Auf der letzten Etappe seiner Reise begegnet er schließlich dem Piloten. Der bemerkt am achten Tag, nachdem er auch diese Geschichte gehört hat, dass die Wasservorräte aufgebraucht sind. Um nicht zu verdursten, begibt sich der Pilot mit seinem Begleiter auf die Suche nach einem Brunnen. Trotz aller Anstrengungen spüren beide die Schönheit der Wüste. Der kleine Prinz schläft erschöpft in den Armen des Piloten ein. Wie durch ein Wunder finden sie tatsächlich einen Brunnen und erneuern ihre Lebenskräfte. Schließlich bittet der kleine Prinz den Piloten um die Zeichnung eines Maulkorbs für sein Schaf, damit es seine Rose nicht verletzen oder auffressen kann.

Nachdem es dem Piloten gelungen ist, sein Flugzeug zu reparieren erkennt er plötzlich, dass der kleine Prinz Heimweh hat. Aus den Erzählungen erinnert er, dass die Schlange ihm, bei Bedarf, Hilfe angeboten hatte und er ahnt, was er im Sinn hat. Befürchtend, seinen neuen Freund zu verlieren, begleitet er ihn bis zu der Stelle, an der der kleine Prinz vor Jahresfrist auf die Erde gestürzt und der Schlange begegnet war. Der kleine Prinz versucht den zutiefst betrübten Piloten damit zu trösten, dass er nur in den Sternenhimmel schauen muss, um sich an ihn zu erinnern. Jeder Stern sei symbolisch mit seinem Lachen verbunden.

Dann geht er seinen letzten Schritt. Die Schlange schnellt aus dem Sand und beißt den kleinen Prinzen in den Knöchel, er sinkt wie leblos zusammen. Zuvor besänftigt er den Piloten mit den Worten: „Es wird so aussehen, als sei ich tot, doch es wird nicht wahr sein“. Am nächsten Morgen ist seine Hülle. wie von ihm angekündigt, verschwunden.

Dem Piloten gelingt es wohlbehalten auf seinen Heimat-Stützpunkt zurückkehren. Doch ein Gedanke lässt ihm noch Jahre später keine Ruhe: Er hätte vergessen, einen Lederriemen für den Maulkorb des Schafs zu zeichnen und sorgt sich, dass das Schaf die Rose des kleinen Prinzen gefressen haben könnte. Er bittet alle Leser, ihm sofort Bescheid zu geben, falls sie dem kleinen Prinzen irgendwo begegnen würden.

Antoine de Saint-Exupérys Der kleine Prinz ist ein modernes Märchen, in dem das Thema Freundschaft eine wichtige Rolle spielt. Ohne Freunde ist der Mensch einsam, auch wenn er unter anderen Menschen ist. Das merkt der kleine Prinz, als er bei seinen Reisen zum ersten Mal auf andere Personen trifft. Die verstehen ihn nicht oder sehen in ihm sogar einen Störenfried, der sie von Wichtigerem abhält. Sie leben in einer oberflächlichen Welt aus Zahlen und Fakten und beurteilen die Welt nach allzu äußerlichen Aspekten, doch mit dem Herzen urteilen sie nicht. Auch die Schlange warnt den Prinzen, dass Nähe zu anderen Menschen nicht gleichzeitig Vertrautheit bedeutet.

Der kleine Prinz verlässt seinen Planeten, um Freunde zu finden, ohne aber zu wissen, was Freundschaft überhaupt bedeutet. Das erkennt er erst, als er den Fuchs zähmt: Freundschaft heißt „sich vertraut machen“ und Verbindungen einzugehen. Denn wenn zwei Menschen durch Freundschaft verbunden sind, wird die eine Person für die jeweils andere einzigartig unter Milliarden von Menschen. Freundschaft oder Liebe entwickeln sich, wenn die Personen bereit sind sich zu öffnen, Gefühle zuzulassen und sich verletzlich zu zeigen.

Leider haben die Menschen vergessen, welch hohen Stellenwert Freundschaft hat. Sie kreisen häufig nur um sich selbst. Wie der Fuchs dem kleinen Prinzen erklärt, erwarten die Erwachsenen alles – ohne Einsatz – sofort zu bekommen. Sie nehmen sich nicht die Zeit, jemanden wirklich kennenzulernen. Eine richtige Freundschaft setzt das aber voraus. Die Entwicklung des gegenseitigen Verstehens und Verantwortungsgefühls bildet dafür die Basis, egal ob sie von kurzer Dauer ist oder lebensbegleitend anhält.